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Grundriss
Unter Abt Rogerius I. Röls wurde 1716 das Hof- und Conventgebäude abgebrochen. Im Süden und Osten der Kirche entstand in den nächsten sechs Jahren als Ersatz für das Konglomerat von Einzelbauten der planvoll angelegte, weit ausgreifende Klosterneubau. Außerdem wurde der altehrwürdigen Kirche aus dem 14. Jahrhundert eine 'moderne' Fassade mit zwei Türmen vorgeblendet.
Der für Entwurf und Ausführung verantwortliche Baumeister war Franz Beer aus Au im Bregenzerwald. Er gehörte zu den seinerzeit höchstbegehrten Vorarlberger Architekten und konnte damals schon eine lange Liste gelungener Kirchen- und Klosterbauten vorweisen. Besonders empfohlen bei den Ordensbrüdern in Kaisheim hat ihn vermutlich seine erfolgreiche Tätigkeit für die Zisterzienser in Salem am Bodensee und Sankt Urban in der Schweiz.
Außenarchitektur
Was Abt Rogerius und sein Baumeister Beer ins Werk setzten, übertrifft mit den Außenmaßen 153 x 110 Meter in der Ost-West-Erstreckung die Kirche um mehr als das Eineinhalbfache.
Die Anlage besitzt zwei unterschiedlich große Binnenhöfe und einen nach Norden offenen Hof östlich der Kirche. Eckpavillons und Mittelrisalite gestalten die Länge der Flügel erträglich und sorgen für die notwendige Ausgewogenheit.
West- und Südflügel sind mit ihren grauen, Geschoss unterteilenden Bändern und rustizierten Ecken einfacher behandelt. Der Ostflügel fällt durch seine auch farbig akzentuierte Putzgliederung auf. Diese Unterschiede spiegeln die innere Zweiteilung wider.
West-, Süd- und der die beiden Binnenhöfe trennende Mittelflügel - das eigentliche Konventsgebäude - waren den Mönchen vorbehalten.
Der Ostflügel einschließlich des Verbindungstraktes in Richtung Westen diente als so genanntes Hofgebäude. Dort, außerhalb der Klausur, lagen die für die Verwaltung des Kaisersheimer Herrschaftsgebietes wie auch die für den Abt als weltlichen Regenten und Repräsentanten dieses Territoriums unentbehrlichen Räume, in denen der Landesherr Hof hielt.
Innenausstattung
Über 200 Jahre nach Klosteraufhebung und nach über 180-jähriger Nutzung als Strafanstalt sind von der Ausstattung nur noch - und das bloß teilweise - wandfester Schmuck wie Stuckaturen, Malereien und Portale vorhanden. Der Schöpfer des umfangreichen Stuckdekors ist Peter Franz Appiani.
Der eineinhalb Geschosse hohe Kaisersaal ist neben den nur noch rudimentär erhaltenen Sälen der Bibliothek und des Sommerrefektoriums der größte und am prächtigsten ausgestattete Raum des Klostergebäudes. Hier dokumentiert sich der grundlegende Wandel der deutschen Raumkunst in den beiden ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. Es erfolgte ein Übergang von den italienischen Barockformen zu dem neuen Ideal der französischen Régence.
Kunstwerke wie der Schrein rechts gehörten in großer Zahl zur mobilen Ausstattung des Klosters. Von der Abtswohnung wird 1784 berichtet, dass die Wohnung des Herrn Reichsprälaten mit allen Gattungen der kostbarsten Meubles, von etwa 7 - 9 Repetieruhren, Glockenspielen, Porzellanfiguren, Servicen und anderen seltenen Geräten ausgeschmückt sei ...
Kaisersaal
Die Ausstattung des Saales ist ein wichtiges Beispiel des Régences-Stils, der den Übergang zwischen schweren spätbarocken Formen und dem geschmeidigen Rokoko bildet. Ein besonderer Glücksfall war, dass der Saal - im Gegensatz zur Bibliothek - nahezu im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist. Neben der gotischen Kirche vermag deshalb nur noch dieser prachtvolle Saal mit den anschließenden Räumen der Prälatenwohnung von der einstigen Bedeutung der Zisterzienserabtei Zeugnis abzulegen.
Bei der Orientierung der Kaisheimer Künstler an dem neuen Ideal der französischen Régence scheinen die Ornamentstiche von Jean Bérain und Paul Decker eine Vermittlerrolle gespielt zu haben.
Der prunkvolle Saal ist oberhalb eines marmorierten Sockels mit farbig gefassten Stuckaturen ausgestattet, welche die Wände und die Muldendecke völlig überziehen. Die Wände sind durch flache Doppelpilaster, Felder mit Teppichmustern und stuckierten allegorischen Motiven aus Kunst und Wissenschaft gegliedert. Ebenso werden Themen aus der Antike und dem Fernen Osten behandelt (Chinoiserien). Bedeutende Plätze nehmen die Wappen von Orden, Stifter, Konvent, Abtei und des Abts Rogerius I. Röls ein. Über dem schweren Doppelgesims mit Girlanden bildet eine Blendbalustrade mit Scheinarchitektur den Rahmen der stuckierten Deckenfelder. Die großen Eckfelder zeigen ebenfalls allegorische Darstellungen. Die fünf mit Ornamentik gefüllten Deckenfelder werden durch einen breiten Stuckrahmen gegliedert. Diese Felder wiederum sind unterteilt in stuckgerahmte Bildflächen. Besonders reizvoll sind die Vogel- und Greifenfiguren. Erst die Betrachtung aus der Nähe vermittelt das außerordentliche Können der Künstler.
Aus: Festschrift zur Restaurierung des Kaisersaals 1979-1989
Abteikirche
Die bauliche Wirkung erfährt im Innern noch eine Steigerung. Französischen Kathedralen gleich stellt sich unwillkürlich der Eindruck von Weiträumigkeit ein, wird Großzügigkeit in allen Belangen spür- und erlebbar, vermischt mit einem für die süddeutsche Klosterlandschaft bezeichnenden Hang zur Repräsentation.
Jeweils sieben rhombische Pfeiler, die ohne Kapitelle in weite spitzbogige Arkaden übergehen, trennen die acht querrechteckigen Joche des Mittelschiffs von den schmäleren Seitenschiffen. Die hohen Wände über den Bögen sind anfangs ungegliedert und bieten ausreichend Platz für grandios geschnitzte Bilderrahmen. Erst im oberen Drittel durchbrechen zu Zweiergruppen zusammengefasste Spitzbogenfenster die Flächigkeit der Mauern.
Dazwischen steigen, ausgehend von Konsolen, die etwas unterhalb der Fensterzone sitzen und mit symbolischen Tierskulpturen oder Pflanzenornamenten verziert sind, halbrunde Dienste zu den Kreuzrippengewölben auf, deren tellerförmige, unterschiedlich große Schlusssteine figürliche Motive und Rosetten zeigen.
In das westliche Joch ist eine geräumige Empore mit tonnenartig gewölbter Unterseite und seitlich vorgezogener Brüstung eingespannt, die um 1667 flächendeckend mit üppigen, aus Ranken, Früchten und Engeln bestehenden Stuckaturen überzogen wurde.